Wenn man sich mit Gründern austauscht, fällt immer wieder auf: Vertrieb ist für viele Startups das Stiefkind ihrer unternehmerischen Reise. Es wird viel Energie und Leidenschaft in die Produktentwicklung gesteckt, und auch das Marketing erhält viel Aufmerksamkeit. Doch der Vertrieb – die eigentliche Kraft, die das Unternehmen wachsen lässt – bleibt oft außen vor. Warum passiert das so häufig, und welche Fehler stecken dahinter?
Warum neigen Startups dazu, den Vertrieb zu vernachlässigen?
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Warum viele Startups den Vertrieb vernachlässigen, welche Folgen das hat und was Gründer tun können, um diesem gefährlichen Trend zu entkommen, darum geht es in diesem Artikel. Wir haben auch bei “Mit Achim quatschen” bereits zu dem Thema gesprochen. Das Video mit dem Titel “Always Sales - ist der Vertrieb das Stiefkind der Startups?” mit Gästin Jennifer Graf können wir begleitend empfehlen und verlinken es weiter unten in diesem Artikel.
Vertrieb – der unsichtbare Elefant im Raum
Es klingt hart, aber wir glauben, vielen Gründern ist es zunächst gar nicht bewusst, dass sie den Vertrieb vernachlässigen. Auf vielen Kanälen, die sich mit Geschäftsaufbau beschäftigen, dreht sich alles um Marketing, Design und die Positionierung der eigenen Marke. Themen wie Social Media, Branding und Webseitenaufbau dominieren die Gespräche. Doch kaum jemand spricht über den eigentlichen Verkaufsprozess, darüber, wie man systematisch Kunden gewinnt und Umsatz macht.
Viele Gründer denken: „Wenn ich ein großartiges Produkt habe, eine Webseite, und mein Marketing steht, werden die Kunden schon kommen.“ Leider ist das ein Trugschluss. 2024 läuft das nicht mehr so – und ehrlich gesagt, hat es auch vorher nie wirklich funktioniert. Eine Webseite allein generiert keinen Umsatz. Ein gutes Produkt ohne eine klare Vertriebsstrategie bleibt unsichtbar im Ozean des Wettbewerbs.
Fehlende Vertriebskompetenzen und Selbstzweifel
Ein weiterer Grund, warum der Vertrieb oft vernachlässigt wird, liegt in den Selbstzweifeln der Gründer. Viele, besonders technische Gründer, sind brillant in ihrem Fachbereich, aber sie haben Schwierigkeiten, ihr Produkt zu verkaufen. Oft hören wir: „Ich kann mich nicht verkaufen“ oder „Ich bin nicht der Typ für Vertrieb.“ Das Problem dabei ist, dass sie sich nicht bewusst sind, welchen echten Mehrwert sie mit ihrem Produkt schaffen.
In Gesprächen stelle ich oft fest, dass vielen Gründern das Selbstvertrauen fehlt, den Impact zu erkennen, den sie mit ihrem Produkt erzielen können. Sie zweifeln daran, dass ihr Produkt wirklich so gut ist, wie sie es gerne hätten. Doch genau dieses Selbstbewusstsein ist entscheidend, um andere von der eigenen Vision zu überzeugen.
Verkaufen ist nicht nur ein Handwerk, sondern auch eine Kunst. Es ist die Fähigkeit, Vertrauen zu schaffen, zu überzeugen und Beziehungen aufzubauen. Und ja, es beginnt mit dem eigenen Glauben an das Produkt. Wer nicht davon überzeugt ist, dass sein Produkt großartig ist, wird auch Schwierigkeiten haben, andere davon zu überzeugen.
Perfektionismus – der Feind des frühen Verkaufs
Viele Startups stecken in der Perfektionismusfalle. Sie glauben, dass ihr Produkt „fertig“ sein muss, bevor sie es überhaupt verkaufen können. Die Wahrheit ist jedoch: Ein Produkt wird nie fertig sein. Es entwickelt sich mit dem Kunden, nicht umgekehrt.
Zu oft erlebet man, dass Gründer monatelang an ihrem Produkt feilen, ohne jemals einen einzigen Kunden anzusprechen. Dabei wäre der viel klügere Ansatz, frühzeitig Feedback aus dem Markt zu holen. Man braucht eigentlich nicht mal ein fertiges Produkt, wenn man den Need seiner Zielkunden verstanden hat. Vertrieb bedeutet, sich auf den Kunden einzulassen, seine Bedürfnisse zu erkennen und das Produkt gemeinsam mit ihm zu entwickeln.
Das heißt: Verkaufen muss parallel zur Produktentwicklung stattfinden. Je früher man den Vertrieb startet, desto schneller erhält man wertvolles Feedback, das nicht nur das Produkt verbessert, sondern auch den Verkaufsprozess schärft.
Marketing ohne Vertrieb – ein gefährlicher Irrtum
In vielen Startups wird der Fokus stark auf das Marketing gelegt. Es wird viel Zeit und Geld in Social Media, Content und Design investiert – alles Maßnahmen, die das Unternehmen sichtbar machen sollen. Doch hier gibt es ein Missverständnis: Marketing und Vertrieb sind nicht dasselbe. Marketing schafft Sichtbarkeit, aber Vertrieb wandelt diese Sichtbarkeit in konkrete Verkaufsabschlüsse um.
Ein häufiges Szenario ist, dass Startups ein „Marketing-Kit“ entwickeln: Eine schicke Webseite, tolle Broschüren, vielleicht sogar ein paar bezahlte Anzeigen. Doch dann fehlt der nächste, entscheidende Schritt: Wie wird das Produkt tatsächlich verkauft? Wer ist der Zielkunde? Welche Schritte sind notwendig, um aus einer Marketing-Anfrage einen zahlenden Kunden zu machen? Diese Fragen bleiben oft unbeantwortet.
Ein starkes Marketing kann Türen öffnen, aber der Vertrieb muss durch diese Türen gehen. Ohne eine durchdachte Vertriebsstrategie bleibt das Marketing nur eine Fassade – hübsch anzusehen, aber ohne Substanz.
Die Illusion des „selbstlaufenden“ Produkts
Viele Startups glauben, dass ihr Produkt so gut ist, dass es sich quasi von allein verkaufen wird. Die Vorstellung, dass ein großartiges Produkt automatisch zu Erfolg führt, ist jedoch gefährlich. Selbst wenn das Produkt ein echtes Problem löst und technisch überlegen ist, wird es ohne aktive Verkaufsbemühungen im Markt untergehen.
Ein Produkt verkauft sich nicht von selbst. Es braucht jemanden, der es mit Überzeugung, Leidenschaft und klarer Strategie an den Kunden bringt. Startups, die diese Realität nicht erkennen, riskieren, viel Zeit und Geld zu verschwenden – und im schlimmsten Fall zu scheitern.
Vertrieb als Herzstück des Unternehmens
Vertrieb ist das Herz eines jeden Unternehmens. Ohne Verkauf gibt es keinen Umsatz, ohne Umsatz gibt es kein Überleben. Doch Vertrieb ist mehr als nur das Abschließen von Deals. Es geht darum, den Kunden zu verstehen, langfristige Beziehungen aufzubauen und das Produkt gemeinsam mit dem Markt zu entwickeln.
Es ist wichtig zu verstehen, dass das Produkt nicht das Endziel ist – es ist der Startpunkt. Der eigentliche Wert entsteht im Zusammenspiel mit dem Kunden. Ein Startup sollte sich also weniger darauf konzentrieren, das „perfekte“ Produkt zu entwickeln, sondern vielmehr darauf, den Verkaufsprozess zu optimieren und kontinuierlich am Feedback des Marktes zu arbeiten.
Always Sales - ist der Vertrieb das Stiefkind der Startups?
Video mit Jennifer Graf bei YouTube anschauen!
Fazit: Verkaufen ist Liebe – und das Leben ist ein Verkaufsgespräch
Verkaufen ist keine unangenehme Pflicht. Im Gegenteil, es ist eine Kunst, die auf Vertrauen und Beziehungen basiert. Tatsächlich verkaufen wir ständig: Unsere Ideen, Überzeugungen und Visionen – von der Familie bis zum Geschäftspartner. Erfolgreiche Gründer wissen, dass der Vertrieb nicht etwas ist, was man „später“ angehen kann. Er muss von Anfang an im Zentrum der Strategie stehen.
Für Startups, die den Vertrieb vernachlässigen, gibt es nur eine Botschaft: Verkaufen ist Liebe. Verkaufen ist die Fähigkeit, Menschen für deine Vision zu begeistern und ihnen zu zeigen, wie dein Produkt ihr Leben besser macht. Wer diese Leidenschaft für den Verkauf entwickelt, wird langfristig erfolgreich sein – unabhängig davon, wie stark die Konkurrenz ist oder wie kompliziert der Markt erscheint.